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Sonntag, 15. Januar 2012

Amazon Kindle Test

Der neue Kindle ist nicht nur Amazons günstigstes Lesegerät, das erstmals die 100-Euro-Marke unterschreitet, sondern auch der erste Kindle mit deutscher Benutzerführung.




Was also sollte im Karton stecken, und wie fühlt sich der neue Kindle an?

Für Deutschland bislang nur ein neues Kindle-Modell

Das neue in Deutschland erhältliche Modell ist eigentlich ein Kindle 4, nachdem hierzulande seit April nur die 3. Kindle-Generation mit englischer Benutzerführung erhältlich war. Dieses Modell war zu haben nur mit einer WLAN-Anbindung oder als zusätzliche 3G-Variante mit kostenloser Mobilfunkanbindung und wurde von Amazon nun in Kindle Keyboard bzw. Kindle Keyboard 3G umbenannt. Dafür heißt das neue Modell nun nur noch »Kindle«. Mehr als diese drei Varianten gibt es auf dem deutschen Markt bislang nicht. Anders sieht es in den USA aus: Dort ist demnächst noch eine Variante mit Touchscreen zu kaufen, die auch als 3G-Ausgabe erhältlich ist. Und es gibt in den USA den »Kindle Fire«, der sich jedoch technisch von den anderen Modellen deutlich unterscheidet. Das Modell Fire ist nicht aufs Lesen hin optimiert, besitzt kein E-Ink-Display und konkurriert eher mit dem iPad. Ob und wann Fire und Touch-Modelle in Deutschland verfügbar sein werden, ist derzeit unbekannt.
Was Amazons Preisgestaltung betrifft, so ist anzumerken, dass das Modell, das sich »Kindle« nennt und hierzulande für 99 Euro verkauft wird, in den USA 79 Dollar kostet, also umgerechnet 59 Euro. Dafür wird bei dieser US-Version jedoch im Ruhezustand des Gerätes Werbung im Display angezeigt und so der günstigere Preis refinanziert. Eine werbefinanzierte Variante gibt es in Deutschland bislang nicht. Da in Deutschland zudem zum Preis die Mehrwertsteuer hinzukommt (und bei einem Direktimport in der Regel noch Zollgebühren), ist der Euro-Preis nur scheinbar teurer als der amerikanische.


Schlichte Verpackung, sechs Sprachen und WLAN-Zwang

Auch das aktuelle Kindle-Modell steckt in einem braunen Pappkarton, dessen Schlichtheit fast schon so etwas wie cooles, umweltbewusstes Verpackungsdesign darstellt. »Certified Frustration-Free Packaging« ist auf dem Karton zu lesen.
Anders als die größeren Geräte zeigt der Kindle 4 beim Öffnen nicht gleich den Namen des Eigentümers an. Zunächst muss das Gerät mit dem mitgelieferten Kabel an die USB-Schnittstelle eines Rechners angeschlossen werden, damit es mit Strom versorgt und »geweckt« wird. Ein Netzadapter, mit dem das Gerät auch an einer Steckdose aufgeladen werden kann, muss als Zubehör extra gekauft werden. Wer das Gerät PC-losen Eltern oder Großeltern schenken möchte, sollte dies bedenken. Auch eine Schutzhülle gibt es für den günstigen Preis nicht. Wir haben uns daher in einem weiteren Test zwei Kindle-Schutzhüllen genauer angesehen.
Nach dem Einschalten erfolgt die Sprachauswahl. Die neue 4er-Software bietet Deutsch, Englisch (USA, Großbritannien), Spanisch, Französisch, Italienisch und Portugiesisch (Brasilien) an. Die Sprache kann später jederzeit umgestellt werden. Kurz nach dem Erscheinen des Geräts lieferte Amazon ein Software-Update aus. Man sollte also die Software-Version des Gerätes prüfen und ggf. aktualisieren.
Anschließen muss das Gerät mit einem drahtlosen Netzwerk verbunden werden, damit es überhaupt sinnvoll funktioniert und man Bücher laden kann. Auch das ist eine klare Hemmschwelle für Haushalte, in denen – aus welchen Gründen auch immer – kein WLAN vorhanden ist. Mit den 3G-Modellen ist von überall und weltweit ein Zugriff auf den Amazon-Online-Shop und auf das eigene digitale Bucharchiv möglich, das 4er-Modell lässt sich ohne drahtlosen Netzzugang nicht richtig betreiben. Freilich braucht man den Zugang beim Lesen selbst nicht mehr, aber ohne ihn kommt der Lesestoff nichts aufs Gerät – ein weiterer Minuspunkt für diejenigen, die das Gerät Eltern oder Großeltern schenken wollen, die kein WLAN besitzen.
Ist das Lesegerät ans Netz gebracht, meldet es, dass es auf den Namen des Käufers registriert sei. Wer das Gerät verschenken will, kann es jedoch online über das Amazon-Kindle-Portal vom eigenen Account lösen, sodass es der oder die Beschenkte auf den eigenen Namen registrieren kann.
Die Registrierung und Verknüpfung mit dem Amazon-Account ist bei allen Kindle-Geräten notwendig, um digitale Bücher zu kaufen oder diese erneut herunterzuladen. Wer mehr als einen Kindle besitzt oder eine der Lese-Apps einsetzt, die es für jede Plattform gibt, der kann mit allen Geräten auf seine digitale Bibliothek zugreifen.



Reduzierte Eingabemöglichkeiten

Trotz Plastikgehäuse sieht das neue Gerät »metallener« und etwas edler aus. Statt der Buchstabentasten der bisherigen Geräte hat es am unteren Bildschirmrand nur fünf Bedienelemente. Das ist in der Mitte die Vierwegtaste und die OK-Taste. Dann gibt es rechts daneben den »Home«- und den »Menü«-Knopf, und links befindet sich der »Zurück«- und der »Tastatur«-Knopf.
Mit diesem »Tastatur«-Knopf blendet man eine virtuelle Tastatur mit A-bis-Z-Anordnung ein. Da der Kindle keinen Touchscreen besitzt, muss man mit der Vierwegtaste den Cursor auf den jeweiligen Buchstaben bewegen und die Wahl mit Druck auf die Mitte bestätigen. Auch die Rechts-Links-Bewegungen des Cursors und das Löschen (Del) müssen so erfolgen. Glücklicherweise sind die deutschen Umlaute sofort angezeigt, so dass man sie nicht über Reiter mit weiteren Sonderzeichen erreichen muss.
Natürlich ist diese Buchstabenanwahl umständlicher als das direkte Tippen auf den Tastaturen der älteren Modelle oder bei einer Touch-Variante. Doch hat man sich erst einmal daran gewöhnt, geht das Tippen durchaus fix. Man benötigt es ohnehin nur zum Eingeben von Suchbegriffen oder für Notizen. Umfangreiche Notizen schreibt man so natürlich nicht.



Kleiner, leichter, lesefreundlich

Wenn man bedenkt, dass der Kindle ein Lese- und kein Schreibgerät ist, kann man die neue reduzierte Tastenbedienung durchaus akzeptieren, denn dafür erhält man ein kleineres und leichteres Gerät.
Durch den Wegfall der Tasten ist der neue Kindle 2,5 cm kürzer und in der Breite um 1 cm reduziert. In der Höhe bzw. Dicke ist er mit dem Vorgänger nahezu identisch. Doch das neue Geräte ist gut 70 Gramm leichter!
Beim Lesen liegt es angenehmer in der Hand als der Vorgänger mit Tastatur. Die fünf Bedienelemente am unteren Rand sind so gestaltet, dass man dort beim Halten auch mal den Daumen ablegen kann, ohne versehentlich einen Knopf zu drücken.
Wie das Vorgängermodell hat der Kindle 4 an der rechten und linken Seite weitere Tasten zum Vor- und Zurückblättern. Stützt man beim Lesen das nun leichtere Gerät unten mit dem kleinen Finger ab, so kann man mit dem Daumen perfekt weiterblättern und das Gerät auch mit einer Hand gut halten.

Kein Ton, kein Text-to-Speech

Das neue Günstiggerät besitzt keinen MP3-Player, sodass sich auf der Unterseite keine Kopfhörerbuchse und kein Lautstärkeregler befinden. Ebenso fehlen auf der Rückseite die Lautsprecher. Fehlende Audiofähigkeit bedeutet jedoch auch, dass der neue Kindle keine englischen Texte vorlesen kann (Text-to-Speech).
Ein- und ausgeschaltet wird das neue Kindle-Modell über eine Taste am unteren Rand und nicht wie die anderen Geräte über einen Schiebeschalter.
Display und Darstellung sind bei einem solchen Geräte natürlich das Allerwichtigste. Obwohl das neue Modell kleiner in den Ausmaßen ist, ist die Lesefläche gleich geblieben. Der ohnehin schon gute Kontrast konnte nochmals verbessert werden. Was positiv auffällt: Das Umblättern, also der Neuaufbau einer Seite, wurde enorm beschleunigt und ist fast doppelt so schnell.
Da für die Einstellung von Schriftgröße und Zeilenabstand nun kein eigener Knopf mehr vorhanden ist, geschieht dies über einen Menüpunkt.
Will man beim neuen Modell eine Markierung setzten oder eine Notiz hinzufügen, so ist eine zusätzliche Auswahl und die Bestätigung mit OK notwendig. Beim alten Gerät war klar, dass man durch Druck auf die Buchstabentasten eine Notiz schreiben oder einen Text suchen wollte.
Das kleine Kindle-Gerät besitzt 2 statt 4 GByte-Speicher, was in der Praxis nicht wirklich ins Gewicht fällt, da Bücher ohnehin kaum Speicher belegen. Der Vollständigkeit sei auch erwähnt, dass das neue Modell keine EPUB-Dateien anzeigt, sondern nur das Amazon-eigene verschlüsselte MOBI-Format (AZW), Text- und PDF-Dateien. DOC oder HTML-Formate können über Amazons-Kindle-Portal konvertiert werden.

Wörterbuch, Webbrowser und fehlende Schriftsteller

Da der neue Kindle neben Deutsch und Englisch noch weitere Sprachen beherrscht, ist nun auch ein italienisches, französisches, spanisches und portugiesisches Wörterbuch integriert, was Leser von Büchern in diesen Sprachen freuen wird.
Auch der kleine Kindle hat einen experimentellen Web-Browser eingebaut, der jedoch wie schon bei den anderen Modellen nicht mehr als eine Notlösung ist, wenn man rasch etwas in der Wikipedia nachschlagen oder seinen Google-Mail-Account checken möchte  vorausgesetzt man hat WLAN-Zugang. Interessant, dass sich unter den vorbelegten Lesezeichen des Browsers als einzige Online-Medien spiegel.de und bild.de befinden.
Ansonsten ist die Menüführung des Gerätes auch in der deutschen Version gleich geblieben. Doch eines hat sich geändert: Wird das Gerät in den Ruhezustand geschickt, so zeigt es nicht mehr die Porträts von Schriftstellern an, sondern Detailfotos von Füllern, Bleistiften, Zeitungen, Kalligrafie und Bleilettern.


Fazit

Günstiger, kleiner, leichter, verbesserter Kontrast und schnellerer Bildaufbau: Mit dem neuen Kindle-Modell hat Amazon das digitale Leseerlebnis definitiv nochmals verbessert. Und auch an die Eingabe mittels Buchstabenanwahl gewöhnt man sich erstaunlich schnell. Schade, dass es bislang nur eine Variante mit WLAN gibt.
Wer gerne und viel Anmerkungen in Texten macht oder gar Texte redigiert, der oder die ist sicherlich mit den älteren Modellen, die nun Kindle Keyboard heißen, besser bedient.


                                                                         

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